OB und Landrat fordern leichtere Anmeldung für Impfung
Von Philipp Weber
Weinheim/Heidelberg. Das Land muss die Anmeldemodalitäten für die Corona-Impfungen besser auf die Bedürfnisse von Senioren abstimmen. Darin sind sich Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just und Stefan Dallinger, Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, nach Aussage der Weinheimer Stadtverwaltung einig. Laut Just standen die Telefone der örtlichen Dienststellen zuletzt kaum still, weil ältere Menschen nicht weiterkamen bei der Anmeldung. Auch der Weinheimer Stadtseniorenrat beklagt, dass die Politik ein Gefühl der Hilflosigkeit erzeuge. Stadt und Kreis sehen das Land aber nicht nur wegen der zentralen Anmeldung in der Pflicht – sondern auch, weil lokale Lösungsansätze kaum ausreichen.
Die Ausgangslage: Das Kreisimpfzentrum (KIZ) in Weinheim nimmt am Freitag, 22. Januar, seinen Betrieb auf. So sieht es die derzeitige Planung vor. Anmeldungen sind ab dem übernächsten Montag, 18. Januar, möglich. Derzeit können sich Impfberechtigte über eine zentrale Patientenhotline unter der Rufnummer 116.117 oder im Internet unter www.impfterminservice.de bei den Zentralen Impfzentren (ZIZ) anmelden, die aber nur wenige Termine vergeben können.
Zu der ersten Gruppe von Impfberechtigten zählen Menschen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben. “Die überwiegende Mehrheit von ihnen lebt noch zu Hause, die meisten müssen sich also anmelden und dann ein Impfzentrum aufsuchen”, sagt Hans-Georg Junginger (77). Der Anwalt, Sozialdemokrat und Ex-Landtagsabgeordnete ist Vorsitzender des Stadtseniorenrats in Weinheim. Er spricht für einen großen Bevölkerungsanteil: Seinen Angaben zufolge sind etwa 13.500 von rund 45.000 Weinheimern älter als 60 Jahre.
Die Kritikpunkte der Senioren: Junginger schätzt, dass etwa ein Drittel der Weinheimer Zielgruppe kaum oder gar keinen Bezug zur digitalen Welt hat. Eine Impf-Anmeldung über eine Webseite komme für diese Gruppe nur infrage, wenn Angehörige oder Betreuer mithelfen. Und dass die Telefon-Hotline oft überlastet ist, wissen nicht nur die Senioren. Mit digitalen Anmeldeverfahren hat der Stadtseniorenrat bisher keine guten Erfahrungen gemacht: Schon im Sommer hatten viele Ältere Probleme mit der “Waidsee-App”, mit deren Hilfe die Stadt den pandemiegerechten Zugang zum lokalen Strandbad kontrollierte.
“Es ist unbefriedigend, wenn die Ältesten jetzt dazu aufgerufen werden, sich um eine Impfung zu kümmern – und dann keine angemessenen Möglichkeiten haben, dem nachzukommen”, kritisiert Junginger. Die Politik erzeuge damit ein Gefühl der Hilflosigkeit. Dabei hätten die Älteren schon genug Probleme, so Junginger: Für Senioren sei eine Warteschlange vor der Tür einer Postfiliale nicht nur ärgerlich – sondern unter Umständen ein echtes Hindernis, nennt er ein Beispiel. Durch die pandemiebedingte Absage von Sportangeboten für Ältere entstünden zudem Verletzungsrisiken.
Die Kritikpunkte von OB Just: Die vielen Anrufe bei den lokalen Dienststellen seien “offenbar das Ergebnis einer unzureichenden Information durch das Land”, ärgert sich der OB: “Wir können den Leuten leider gar nicht helfen, weil wir keinen Zugriff auf die Impftermine und ihre Vergabe haben.” Auch der Rhein-Neckar-Kreis sei hierfür nicht zuständig. Gleichwohl sei das Informationsbedürfnis groß. Grundsätzlich freue es ihn, dass Weinheim ein KIZ im zentral gelegenen Drei-Glocken-Center bekommt. Er forderte das Land jedoch dazu auf, die ältere und impfberechtigte Bevölkerungsgruppe so transparent wie möglich über den Weg zur Impfanmeldung zu informieren. Die kommunalen Behörden stünden jederzeit als Unterstützer bereit. Bis zur KIZ-Eröffnung müsse ein praktikabler Weg bei der Terminvergabe gefunden werden.
Lokale Lösungsansätze: Wie schon im Sommer könnten Seniorenvertretung und Stadt kooperieren. Damals rückte die Verwaltung zwar nicht von der Online-Anmeldung fürs Strandbad ab, bemühte sich aber um eine etwas seniorenfreundlichere Gestaltung – und ließ in den Räumen des Stadtseniorenrats den begrenzten (Bargeld-)Verkauf von Bade-Karten zu. Auch jetzt seien Verwaltungsvertreter auf ihn zugekommen, so Junginger: Gemeinsam wolle man eine Arbeitsgruppe zusammenstellen. Diese solle Möglichkeiten erörtern, wie Ältere bei der Impf-Anmeldung unterstützt werden können. Stadtseniorenrat und andere Aktive arbeiten ohnehin an Projekten, um Ältere fit zu machen für digitale Endgeräte.
Stadtsprecher Kern zeigt sich dankbar für dieses Engagement. Beim Großthema “Corona-Impfung” solle dies aber nicht die einzige Lösung bleiben. “Im ersten Schritt muss es um die Anmeldung an sich gehen. Es wäre derzeit kaum im Sinne des Infektionsschutzes, wenn Ältere in die Stadt fahren, um sich mithilfe des Stadtseniorenrats Impf-Termine zu sichern.”