Stadtseniorenrat Weinheim: Projektleiterinnen des „Corona-Teams“ berichten über ihre Erfahrungen.
Das „Corona-Team“ des Stadtseniorenrates hatte in den vergangenen Wochen alle Hände voll zu tun.
Obere Reihe von links: Monika Pflästerer, Senta Amann, Helmut Holland.
Mittlere Reihe von links: Dr. Andreas Marg, Sonja Kühn, Gudrun Storch.
Untere Reihe von links: Renate Meier, Cosima Gleisner, Hans-Jörg Klump.
Ebenfalls zum Team gehören Ruth Walter-Schmidt und Norbert Kramer. Bilder: Stadtseniorenrat
Weinheim. Wer schon einmal versucht hat, nur für sich selbst einen Impftermin zu ergattern, wird sich mit Grausen an all die vergeblichen Anrufe oder „virtuellen Warteräume“ erinnern, die man überstehen musste, bis es endlich klappte. Deshalb nötigt allein diese eine Zahl Respekt ab: 200 Impftermine hat das ehrenamtliche Corona-Team des Stadtseniorenrates (SSR) Weinheim in den vergangenen Wochen für ältere Bürger über die Telefon-Hotline 116 117 oder die Internetseite organisiert.
„Dazu waren viele Nachtschichten nötig“, berichten die beiden Projektleiterinnen Senta Amann und Sonja Kühn im Video-Gespräch mit unserer Redaktion: „Denn nach Mitternacht waren die Chancen zumindest eine Zeitlang deutlich größer, einen Termin zu ergattern.“
Im Gespräch merkt man den beiden Frauen an, wie stolz sie auf das ganze Corona-Team sind, das nicht nur diesen Erfolg möglich gemacht hat. Denn im Auftrag der Stadt Weinheim kümmerte sich der SSR auch noch um die Hotline für die lokale Impfaktion, bei der 420 weitere Termine an Weinheimer vergeben werden konnten, die 78 Jahre oder älter sind. Die Stadtverwaltung kümmerte sich zwar um die technische Seite der Hotline und lieferte die Datengrundlagen, aber den Rest übernahm der SSR. Das ging weit über die in der Zeitung angekündigten Uhrzeiten hinaus, weil einerseits die Telefone immer weiter klingelten und weil die Aktiven andererseits auch noch die Terminbestätigungen ausdruckten, in Briefumschläge steckten und persönlich zu den Menschen brachten.
„Wir kamen uns manchmal vor wie in einem Kartenshop beim Verkaufsstart für ein großes Bruce-Springsteen-Konzert“, erzählt Sonja Kühn. Mittlerweile kann sie darüber herzlich lachen; am ersten Tag war ihr danach nicht zumute. Denn die Stadt hatte zunächst nur eine Telefonnummer für die Terminreservierung geschaltet. Das war angesichts von 3700 Bürgern der Generation „80 plus“, welche die Verwaltung zur lokalen Impfaktion schriftlich eingeladen hatte, natürlich viel zu wenig. Die Stadt habe dann aber sehr schnell reagiert und drei Nummern freigegeben, berichtet Senta Amann.
Trotzdem blieben lange Wartezeiten nicht aus, was freilich nicht nur mit der großen Anzahl von Anrufen zu tun hatte. „Viele mussten erst einmal ihren Frust über die schlechte Organisation der zentralen Impfterminvergabe loswerden“, erinnert sich Senta Amann. „Da half es meistens, wenn wir einfach zugehört haben“, sagt Sonja Kühn: „Für viele Anrufer war es schon ein Trost, dass am anderen Ende der Leitung ein Mensch mit einem Namen war und keine Computerstimme, die um Geduld bittet oder zur Eingabe einer Nummer auffordert.“
Manchmal entstanden sehr persönliche Gespräche, wenn die SSR-Aktiven spürten, dass Anrufer einsam oder verzweifelt waren. Sich dafür Zeit zu nehmen, blockierte zwar die Leitung, war aber gerade in Coronazeiten ein Akt der Nächstenliebe. „Das wäre in dieser Art wohl nicht möglich gewesen, wenn sich die Stadtverwaltung selbst um die Hotline gekümmert hätte“, vermutet Sonja Amann und erklärt die Motivation des SSR-Teams so: „Wir wollten in der aktuellen Notsituation einfach helfen.“ Dabei räumt sie offen ein, dass diese Aufgabe die ehrenamtlichen Helfer mitunter an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht hat. „Aber wir haben auch ganz viel zurückbekommen“, ergänzt Sonja Kühn: „Wir haben Briefe erhalten, in denen sich die Absender für unsere Arbeit bedankten. Bei uns wurden Süßigkeiten abgegeben, aber auch Spenden an den SSR überwiesen. Und es haben sich Menschen gemeldet, die künftig aktiv mithelfen wollen.“ Diese Dankbarkeit habe alle im Team sehr berührt, sind sich Sonja Köhn und Senta Amann einig. Aber nicht nur das: „Ich hoffe, dass wir jetzt beim Gemeinderat und bei der Verwaltung, aber auch in der Bevölkerung sichtbarer geworden sind als Sprachrohr für die ältere Generation in Weinheim und entsprechend ernstgenommen werden“, sagt Sonja Amann. Das sei in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall gewesen, wie der Verlust des Beratersitzes im Ausschuss für Technik, Umwelt und Stadtentwicklung zeige. Aber zumindest einen Platz in der Zukunftswerkstatt habe man für den SSR schon erkämpft. pro