Die Corona-Pandemie stellt auch den Stadtseniorenrat vor zahlreiche Probleme – Neue Räumlichkeit für Gedächtnistraining gesucht
Rhein-Neckar-Zeitung vom 20.08.2020
Weinheim Stadtseniorenrat – Weinheim Galerie.
V.l. – Hans Georg Junginger, Renate Meier, Senta Amann und Sonja Kühn – Foto: Peter Dorn
Der Vorstand des Stadtseniorenrates – Hans Georg Junginger, Renate Meier, Senta Amann und Sonja Kühn (v. l.) – ist auch in Corona-Zeiten für die älteren Bürger Weinheims im Einsatz. Foto: Dorn
Von Günther Grosch
Weinheim. Auch gut ein halbes Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie gilt es für Alt und Jung, nach wie vor auf der Hut zu sein. “Das Coronavirus ist ja nicht verschwunden, sondern vor allem für ältere Menschen und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen weiterhin sehr gefährlich”, sagt Senta Amann.
Im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung nehmen der Vorsitzende des Stadtseniorenrates (SSR), Hans-Georg Junginger, seine Stellvertreterin Sonja Kühn, Senta Amann, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des SSR, sowie Gedächtnistrainerin Renate Meier Stellung zu den aktuellen Problemen und dem augenblicklichen Stand der SSR-Arbeit. Immerhin gehören rund 13.500 der mehr als 45.000 Bürger Weinheims, welche die Beratung des Stadtseniorenrates in Anspruch nehmen können, der “Risikogruppe Ü 60” an.
“Viele ältere Menschen waren plötzlich zu Hause quasi eingesperrt, weil alle Angebote für diese Frauen und Männer, die ja zur Risikogruppe gehören, eingestellt worden sind”, legt Amann die Karten offen auf den Tisch. “Es gab weder das beliebte Gedächtnistraining noch das Kaffeekino und auch keinen Kaffee-Ball mehr”. Besonders hart traf es viele, dass die persönlichen Sprechstunden eingestellt werden mussten. Als Ersatz wurde auf telefonische Beratung umgestellt und angeboten, dass auch per E-Mail Fragen gestellt werden können.
Darüber hinaus mussten zunächst auch die eigenen Vorstandssitzungen abgesagt werden, ehe man übereinkam, sich zumindest im kleinen Kreis des geschäftsführenden Vorstands wiederzutreffen. Das Projektteam “Digitalisierung” verabredete sich virtuell und arbeitete weiter daran, Senioren im Umgang mit digitalen Geräten und Medien zu unterstützen. Was sowohl für Senioren als auch die “jungen Senioren” des SSR eine besondere Herausforderung darstellt, sich mit den Neuen Medien zu beschäftigen. “Diese Herausforderung haben wir angenommen, und es hat Spaß gemacht, Neues zu erproben und Neues zu lernen”, sagt Kühn.
Als schließlich im kleineren Umfang wieder persönliche Treffen möglich wurden, aktivierte man auch die Sprechstunden, um den Senioren mit der digitalen Technik weiterzuhelfen, ergänzt Junginger. Besonders nachgefragt waren vor allem Hilfestellungen beim Herunterladen der Waidsee-App, da der Einlass ins Schwimmbad aufgrund der Datenschutzbestimmungen nur mit QR-Code möglich ist. “Durch energischen Druck des SSR auf die Verwaltung”, so Junginger, konnte als “echte Dienstleistung des Stadtseniorenrates” dabei erreicht werden, dass durch das Büro des in der Weinheim-Galerie ansässigen SSR Waidsee-Eintrittskarten an diejenigen verkauft werden konnten, die kein Smartphone und keinen PC zur Verfügung haben, um sich auf diese Weise ein Ticket herunterzuladen.
“Ein Punkt, der uns im Augenblick stark beschäftigt, ist das Gedächtnistraining”, macht Renate Meier deutlich. Da im hierfür zu kleinen Besprechungsraum des SSR keine zwölf Personen plus Trainer untergebracht werden können, fehlt ein Plätzchen, um sich nach den Sommerferien wieder treffen zu können. Bis zu den Sommerferien stellte das Eiscafé Bertolini einen Raum kostenlos zur Verfügung. Weil das Eiscafé aber im Herbst schließt, ist man jetzt auf der Suche nach Räumlichkeiten, die auch für Rollatorfahrer geeignet sind.
Nicht nur in Zeiten von Corona bleibt es von größter Wichtigkeit, den Kontakt unter den Menschen aufrechtzuerhalten, so Amann. Wenn kein persönlicher Kontakt möglich ist, stellten die digitalen Medien eine gute Alternative dar.
Deshalb liege einer der Schwerpunkte der Arbeit des SSR auf dem Thema Digitalisierung. Ein Knackpunkt hier: Für die digitale Kommunikation und zur Unterstützung von Senioren bei Fragen zum Smartphone oder auch, um per Videokonferenz zu helfen, fehlt es derzeit nicht nur an einem Smartboard, sondern auch an einem Beamer. “Unsere Vorstandsmitglieder und unsere Digitallotsen arbeiten ausschließlich mit ihren privaten Geräten”, sagt Amann.
Dass die Seniorenheime kaum über ausreichend WLAN-Anschlüsse verfügen, sei beim Lockdown dramatisch zum Ausdruck gekommen. “Nicht nur ausreichend Tablets für Schulen, sondern auch für die Seniorenheime und deren Bewohner zur Verfügung zu stellen”, ist ein weiterer dringender Wunsch des SSR an die Politik. Hans-Georg Junginger als Vorstandsvorsitzendem ist es ein herausragendes Anliegen, Weinheim als seniorenfreundliche Stadt noch stärker zu positionieren. Mit dem Projekt “Seniorenfreundlicher Service” will man Geschäfte, Hotels und die Gastronomie auf diese Auszeichnung aufmerksam machen und sie davon überzeugen, dass Senioren eine wichtige Kundengruppe sind. “Die Auszeichnung als seniorenfreundlicher Service stellt eine Win-win-Situation für Senioren wie Geschäftsleute dar”, betont Junginger.
Darüber hinaus ist es das Bestreben des SSR, bei der Gestaltung der Neubaugebiete mit dabei zu sein, um die besonderen Belange der Senioren berücksichtigt zu wissen. Gewünscht wird außerdem die Einbeziehung und Mitwirkung von Vertretern des SSR in der “Zukunftswerkstatt”.
Es gehöre mit zu den zentralen Aufgaben des SSR, Einflussnahme auf die städtische Entwicklungsplanung neuer Baugebiete zu nehmen. Derzeit fühle man sich hier nicht ausreichend vertreten, um in die Entwicklung der Stadt eingebunden zu sein, kritisierte Junginger.
Daneben wird eine generationenübergreifende Zusammenarbeit mit Jugendlichen angestrebt. Beispielgebend hierfür sieht man das Thema Digitalisierung als “sehr angesagt”. In umgekehrter Richtung gelte es für die Älteren, Wissen und eigene Erfahrungen an die Jugend weiterzugeben.